Die Indie-Selection im Januar 2019
| von Jakob | (Kommentare: 0)
Jeden Monat wählen wir zwei bis drei Bücher aus kleinen Verlagen und von Selfpublishern aus, die sonst nur wenig in Buchhandlungen vertreten sind, um sie euch besonders ans Herz zu legen.
Im Januar gibt es einen psychologisch starken, spannenden SF-Krimi und einen Fantasy-Storyband aus einer düsteren Shared World ...
Wolf Welling
Die Wächterin
Auf der Flucht vor einer toxischen Beziehung hat Ayra sich für dreißig Jahre als Wächterin auf einem menschenleeren Wüstenplaneten verdingt - Gesellschaft leisten ihr dort nur der einem alten Freund nachempfundene Androide Robbie und die zwölf kleinen, feisten Putten, die sie umflattern und umschmusen. Doch kurz vor Ende von Ayras dreißig Jahre Schicht legen diese gutartigen Geschöpfe mit einem Mal eine subtile Feindseligkeit an den Tag - und Ayra wird von bizarren Erlebnissen heimgesucht, die irgendwie in Verbindung mit ihrer Vergangenheit auf der Erde zu stehen scheinen …
Die Wächterin ist ein wunderbar ökonomisch erzählter SF-Krimi auf zwei Handlungsebenen. Eine schildert die karge, immer wieder von Bizarrem durchschossene Einsamkeit von Ayras Wacht, die andere ihr Leben auf der Erde als angepasstes Rädchen im Getriebe ihrer Werbefirma - und als Partnerin der narzisstischen Miriana in einer zunehmend schädlichen Beziehung. Zum Ende hin gibt es zugegebenermaßen ein paar Missklänge - beispielsweise eine interessante Figur, die sich mit einem Mal zur bloßen Karikatur wandelt, und eine nicht so besonders neue SF-Idee, die der Roman nicht mit Leben füllen kann. Aber alles davor und darum herum macht die Lektüre von Die Wächterin packend und lohnend. Das gilt insbesondere für die bizarre Welt des “Schlosses”, in dem Ayra auf dem Wüstenplaneten lebt, und die bösartig-infantilen Putten. Auf der Erde zeichnet der Roman das verstörende Bild einer Gesellschaft, in der die meisten Menschen sich aus freien Stücken allen Interessen ihrer Arbeitgeber unterordnen. Die Hauptfigur Ayra ist dabei eher konformistisch, rebellische Positionen kommen über ihre recht gegensätzlichen und nicht immer positiv gezeichneten Partner Robert und Miriana ins Spiel. Hier und da reibe ich mich zwar an der impliziten Gesellschaftskritik, die ich im Endeffekt als ziemlich konservativ empfinde - macht aber nix, werden andere anders sehen, und dass das meinem Lesegenuss keinen Abbruch getan hat, ist eigentlich das höchste Lob für die erzählerischen Qualitäten dieses Buchs.
erschienen bei p.machinery, Euro 11,90
Jörg Köster und André Skora
Geisterland - Geschichten aus der Welt der Seelenfänger
Vor sieben Jahren rief ein mächtiger Zauberer, der heute nur noch der Täuscher genannt wird, im Kampf gegen die Barbaren an den Grenzen des Reiches einen finsteren Nebel herab, der die Barbaren zurückwarf - aber auch die Pforten in die Anderswelten der Feen und Dämonen durchlässig machte. Seither werden die Menschen von albtraumhaften Geschöpfen heimgesucht, Tiere gewinnen eine bösartige Intelligenz, und die Geister der Toten finden keine Ruhe. Nur die Seelenfänger können sie binden, um sie ins Jenseits zu entlassen, sie für ihre Sünden zu martern - oder ihre Kräfte zum Einsatz von Magie anzuzapfen.
Seelenfänger ist eine düster-folkloristische Fantasy-Welt, durchwoben von Motiven aus Märchen und Schauerromantik. Erdacht hat sie Mitherausgeber Jörg Köster als Rollenspielsetting, und für die Anthologie Geisterland hat er eine Reihe Fantasy-AutorInnen, darunter Judith Vogt und Ann-Kathrin Karschnick, in sie eingeladen. Die Brüder T.S. Orgel eröffnen den Band mit einer knarzigen Geschichte, die Fans von Andrej Sapkowskis Hexer Geralt munden wird. Mit unheilvollen 13 Geschichten bietet der Band einen gelungen Einblick in die Shared World der Seelenfänger, die hoffentlich nicht nur als Rollenspiel, sondern auch in Form von Kurzgeschichten und Romanen weiter wachsen und gedeihen wird!
erschienen beim verlag thorsten low, Euro 14,90
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